Grazer Stadtschreiber:in


Auf Einladung der Stadt Graz verbringen Schriftsteller:innen aus Österreich und anderen Staaten einen begrenzten Zeitraum (1 Jahr) als Gäste in Graz.

Die Idee des traditionellen Stadtschreibers des Mittelalters, der bei Ratssitzungen als Protokollführer diente, wurde wieder aufgegriffen und neu definiert. Die eingeladenen Schriftsteller:innen erhalten die Möglichkeit, ohne finanziellen Druck ihrer literarischen Tätigkeit nachzugehen und sich mit der Atmosphäre und der Kulturszene der Stadt auseinanderzusetzen.

Die Ausschreibung "Grazer Stadtschreiber:in" richtet sich nur an Literat:innen bzw. Autor:innen (Prosa, Lyrik, Theater)! (siehe Richtlinien)
Die Bewerbung ist ausschließlich per Mail an kulturamt@stadt.graz.at möglich, die Bewerbungsunterlagen müssen ohne Ausnahme im Pdf-Format übermittelt werden!

Die Einreichfrist für die Bewerbung war der 31. März 2024.

Die derzeitigen Jurymitglieder sind:


MMaga Bakk. Silvana Cimenti
Drin Alexandra Millner
Mag. Paul Pechmann
Andrea Stift-Laube
Christoph Szalay, MA BA


Aktuelle Stadtschreiberin (September 2024 - August 2025)

Andra Rotaru

Biografie:
Andra Rotaru, geboren 1980 in Bukarest, Rumänien, arbeitet an der Schnittstelle zwischen den Künsten und hat an mehreren gemeinschaftlichen Projekten in Rumänien und im Ausland mitgewirkt. Einladungen zu Lesungen, Panels und Präsentationen führten sie an verschiedene Orte in Europa und in Nord- und Südamerika. Sie veröffentlichte die Gedichtbände Intr-un pat, sub cearşaful alb [In einem Bett, unter dem weißen Laken] (2005), Ținuturile sudului [Die südlichen Gegenden] (2010), Lemur (2012) und Tribar (2018). Für Lemur wurde sie mit dem Preis „Nachwuchsdichterin des Jahres“ ausgezeichnet. Der Debütband wurde ins Spanische übersetzt (En una cama bajo la sábana blanca, Bassarai, 2008), Lemur erschien 2018 in der amerikanischen Übersetzung von Florin Bican bei Action Books, Tribar erscheint 2022 auch in der amerikanischen  Übersetzung von Anca Roncea bei Saturnalia Books.

Die Begründung der Jury:
Die 1980 in Bukarest, Rumänien, geborene Andra Rotaru ist eine Sprachtänzerin zwischen den Disziplinen. Ihre poetischen Texte konfrontieren die gesprochene Sprache mit der gestischen Sprache, rücken den Körper in den Blickpunkt und eröffnen ungewöhnliche Räume. Sie sind in vielfacher Hinsicht grenzüberschreitend und speisen sich aus bedeutenden Texten der Welt- und Fachliteratur.
Passagenweise klingen sie wie poetische Anweisungen zur Performance. In spartenübergreifenden Kooperationen positioniert Rotaru ihre Poesie an der Schnittstelle zu Tanz, Film, Fotografie, Kunst, Musik und Experiment. Hinter ihrem Körperbegriff lässt sich eine beeindruckende Arbeitsweise erahnen, die sich vom Archaisch-Mythischen ebenso beeinflusst zeigt wie vom Wissenschaftlichen und Technoid-Phantastischen. Aus diesem überzeitlichen Reflexionszusammenhang ergeben sich kritisch-phänomenologische Betrachtungen des Menschen.
Abgesehen von ihrem eigenen literarischen Schaffen, das vier vielbeachtete Gedichtbände umfasst, in 20 Sprachen übersetzt und auf internationalen Podien präsentiert wurde, setzt sich Andra Rotaru auch für die internationale Vernetzung der literarischen Szenen ein und hat die multimediale und multilinguale Zeitschrift Crevice gegründet. Sie organisiert Literaturveranstaltungen und Kulturprojekte und ist auch als Kulturjournalistin tätig.
In dem eingereichten Projekt mit dem Titel CONTENT NOT FOUND will sich die Autorin mit Hilfe von intertextuellen Bezügen u. a. zu Texten der Schauerromantik und der Wiener Gruppe, mit Collagen aus Grazer Alltagseindrücken und Sprachsplittern und mit anderen experimentellen Techniken im Umgang mit Sprache und Choreografie (Robert Laban) den verdeckten Bedeutungen der Sprache widmen.


Stadtschreiberin (September 2023 - August 2024)

Andrea Scrima

Biografie:
Andrea Scrima, geboren 1960 in New York City, studierte Kunst an der School of Visual Arts in New York und an der Hochschule der Künste in Berlin, wo sie seit 1984 als Autorin und bildende Künstlerin lebt. Ihre Arbeiten waren in internationalen Ausstellungen zu sehen. Sie schreibt Essays für Times Literary Supplement, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Schreibheft, Music & Literature, The American Scholar, LitHub und The Brooklyn Rail.

Die Begründung der Jury:
Die 1960 in New York geborene Andrea Scrima ist in der Kunstwelt seit Jahrzehnten keine Unbekannte. Nachdem sie an der School of Visual Arts in New York und an der Hochschule der Künste in Berlin studierte, wo sie seit 1984 lebt und arbeitet, waren ihre grafischen Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen in Europa und den USA zu sehen. Das Schreiben war aber immer ganz nah mit der Person Andrea Scrima verbunden: zum einen über Kritiken und Essays, die sie selbst verfasste, zum anderen über großflächige Textinstallationen – Kurzgeschichten, die an Wänden angebracht waren –, die ihr künstlerisches Schaffen ab dem Jahr 2000 bestimmten und die auch ein besonderes Augenmerk auf die Rezipient:innenseite legten, indem sie Diktat und Choreografie ineinander übergehen ließen. Mit dem Erscheinen von A Lesser Day 2010 gab Scrima ihr gefeiertes Debüt als literarische Autorin: ein Buch, das die eigene Vergangenheit zum Ausgangspunkt für das Entwerfen einer Künstlerinnenbiographie nimmt, den Wegen nachspürt, den Erinnerungen, dem Sprunghaften Raum gibt, die Lücken zulässt – stets getragen von poetischer Zartheit und einem Blick, der es vermag Atmosphäre über das beschreibende Beobachten zu erzeugen. Der fragmentierte Roman ist aber auch als Frage nach der Substanz einer jeden Identität, eines jeden Lebens zu lesen. Acht Jahre später erschien im renommierten Grazer Droschl-Verlag unter dem Titel Wie viele Tage die gelungene deutsche Übersetzung von Barbara Jung.

Ebendort veröffentlichte Scrima 2021 mit Kreisläufe (engl.: Like Lips, Like Skins/ Übersetzung aus dem Amerikan. von Christian von der Goltz und der Autorin selbst) abermals ein Erinnerungsbuch, in dem sie ihre Erzählerinnenqualitäten erneut eindrucksvoll unter Beweis stellte. Anhand einer Familiengeschichte verhandelt sie einerseits Traumata, die Jugendliche in Disziplinareinrichtungen der DDR erleiden mussten ebenso wie jene, die aus selbst gewählten Bindungen erwachsen. Andererseits gelingt es ihr, Mosaiksteine – Erinnerungen, Tatsächliches und Erdachtes – zu einem einprägsamen Bild einer Existenz werden zu lassen.

Das von Scrima, die auch Chefredakteurin der englischsprachigen Literaturzeitschrift StatORec ist, eingereichte Projekt geht wiederum vom Eigenen aus, den Nachforschungen zu den Arbëresh-Ursprüngen ihrer Familie, verlagert den Blick aber auf Themenkreise, die Einwanderungsgruppen überall betreffen. So soll in Graz eine Essaysammlung unter dem Titel Displaced entstehen, in der Probleme wie das Entwurzelt-Sein, Repressalien, psychische Erkrankungen oder der allmähliche Verlust der Muttersprache unter Migrant:innen der zweiten und dritten Generation verhandelt werden.


Bisherige Stadtschreiber:innen:

2022/2023: Abdelaziz Baraka Sakin
2021/2022: Florian Neuner
2020/2021: Jana Radičević
2019/2020: Volha Hapeyeva
2018/2019: Kinga Toth
2017/2018: Radka Denemarková
2016/2017: Najem Wali
2015/2016: Ulrich Schlotmann
2014/2015: László Garaczi
2013/2014: Ivana Sajko
2012/2013: Dana Ranga
2011/2012: Barbara Marković
2010/2011: Jörg ALBRECHT
2009/2010: Fiston Mwanza
2008/2009: Péter Zilahy
2007/2008: Digitale Visitenkarte am KulturServerGraz Nazar Hontschar
2006/2007: Digitale Visitenkarte am KulturServerGraz Saša Stanišiæ
2005/2006: Digitale Visitenkarte am KulturServerGraz Maruša Krese
2004/2005: Kenka Lekovich
1996/2003: Digitale Visitenkarte am KulturServerGraz Dževad Karahasan
1996: (1/2 Jahr) Boris L. Rahmanin
1994/1995: Gundi Feyrer
1993/1994: Franz Josef Czernin
1992/1993: Gert Jonke
1991/1992: Anselm Glück
1990/1991: Angela Krauß
1989/1990: Norbert Gstrein
1988/1989: Dr. Libuše Moníková


Betreuung


Die Betreuung erfolgt seit 1997 durch die Kulturvermittlung Steiermark über das Internationale Haus der Autor:innen Graz (I.H.A.G.)
kulturvermittlung.org


Richtlinien


Richtlinien für das Literaturstipendium "Grazer Stadtschreiber:in"

Guidelines for the literature scholarship "Grazer Stadtschreiber:in"





KONTAKT:
Mag. Christian Mayer
Kulturamt der Stadt Graz
Stigergasse 2 (Mariahilfer Platz), 3. Stock, 8020 Graz
Tel.: +43/316/872-4940
e-mail: christian.mayer@stadt.graz.at

ABTEILUNGSLEITER
Michael A. Grossmann
Kulturamt der Stadt Graz
Stigergasse 2 (Mariahilfer Platz), 2. Stock, 8020 Graz
Tel.: +43/316/872-4900
e-mail: michael.a.grossmann@stadt.graz.at