Preisträger:innen 2024

Photo Carl Mayer

Ausschreibungsthema: RAUSCH

JURY

Sebastian Höglinger, Juryvorsitzender
Felix von Boehm, Produzent
Thomas Mraz, Schauspieler (Hauptpreisträger 2023)
Franziska Pflaum, Filmemacherin (Hauptpreisträgerin 2023)
Françoise von Roy, Dramaturgin

Die internationale Jury hat die Preisträger:innen aus 49 gültigen Einreichungen zum Thema RAUSCH ermittelt.

Die Stadt Graz vergibt den Hauptpreis des Carl-Mayer-Drehbuchwettbewerbs 2024 in Höhe von 15.000 € an Vivian Bausch und Fabian Rausch für das Treatment "Soldat" sowie den Förderpreis in Höhe von 7.500 € an Elena Wolff für das Treatment "Ilvie (renaissance)".

Hauptpreis Jurybegründung „Soldat“

Ein 11-jähriges Mädchen in Militärjacke. Wenn Kathi in Linz-Auwiesen durch die Plattenbausiedlung marschiert, ist das Oversized-Textil Rüstung und Tarnkappe zugleich. Deutlich zu groß für ihr Alter bleibt das Mädchen in der Schule Außenseiterin. Dagegen verspricht die grandios gezeichnete Teenager-Buben-Clique Wärme und Leichtigkeit. SOLDAT beschreibt einen steten, wechselseitigen Transit zwischen den Welten – dem Kind-, Teenager- und Erwachsensein, dem Suchen und Ankommen. Es fehlen und scheitern die Vaterfiguren, während die Mütter zwischen Überforderung und Fürsorge driften. Selbst in den tragischsten Momenten bewahrt SOLDAT seinen Figuren dabei aber Würde, eine Mehrdimensionalität, wie man sie in so frühen Stoffentwicklungsphasen nur selten liest. Nicht zuletzt begeistert der widerspenstige Blick eines Mädchens, das sich Rollenzuschreibungen souverän versagt: wie Kathi als Außenseiterin zwischen Selbstdisziplin und US-Marine-TikTok-Drill Zuflucht in Strukturen und regelbasierten Institutionen – Bundesheer und Religion – sucht; wie sie neue Freundschaften schließt und über die Generationen hinweg solidarische Frauenbanden entstehen. In ersten, bereits im Treatment bildhaft ausgeführten Szenen entfaltet sich eine Umgebung, die Tristesse nahelegt aber sich diesem Klischee nicht einfach ergibt. So erfrischt neben der Andersartigkeit von Kathi – und trotz der auch in dieser Begründung genannten Buzzwords – die eigenständige, wenig klassische Definition von Coming-of-Age. Der Carl-Mayer-Drehbuchpreis 2024 geht an Vivian Bausch und Fabian Rausch für ihr Treatment SOLDAT.


Förderpreis Jurybegründung „Ilvie (renaissance)"

Eine junge Frau am Abgrund: Falling down, nichts geht mehr. Das Gewahrwerden eines Ekels vor sich selbst übersetzt sich auf andere – den widerlich tanzenden Freund, die viel zu große Wohnung, das slicke Arbeitsumfeld mit Arne Jacobsen-Lampe und Stehsätzen, die nur um sich selbst kreisen. Ilvie ist leer und sucht diese Leerstelle mit Drogen zu kompensieren, mit Partys, Sex und rauer Körperlichkeit, die sich in jeder Zeile des Treatments regelrecht physisch vermittelt. Nach einem Unfall landet die Dreißigjährige im Krankenhaus und freundet sich mit ihrer 19-jährigen Zimmerkollegin an. Durch diese und mit einer entscheidenden Lüge, die Ilvie selbst zur Gleichaltrigen macht, eröffnet sich eine neue Welt. Ein Ausweg, eine Surrogat-Jugend zwischen Prater, McDonalds und Bermudadreieck, zwischen Freundschaft, Abhängigkeiten und vermeintlicher Schwangerschaft. Wer hier wem was vorspielt, bleibt lange ungewiss, die Härte und Fallhöhe potenziert sich für die Protagonistin aber mit jeder Seite des Treatments. Ilvie (renaissance) begeistert durch seine Unmittel- und Schonungslosigkeit, durch die Ernsthaftigkeit mit der junge Lebensrealität beschrieben und gezeichnet wird. Der Ton ist erschreckend am Punkt, am Handy läuft Vanilla Sky, Nägel werden gemacht, Dummheiten begangen. Immer in Erwartung, dass die Scharade nicht gutgehen kann, begleiten wir das Protokoll einer Selbstdestruktion und Neuerfindung. Ein Porträt unserer zynischen Gegenwart. Aber – und das macht Ilvie (reniassance) bereits jetzt so besonders – auch die liebevolle Umarmung einer Sehnsucht (nach Zugehörigkeit). Der Förderpreis des Carl-Mayer-Drehbuchpreises 2024 geht an Elena Wolff für ihr Treatment Ilvie (renaissance).


Biografie Vivian Bausch
(*1992, Dtl.) Vivian Bausch studiert derzeit Regie & Montage an der Hochschule für Fernsehen und Film München sowie an der Filmakademie Wien. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Regie und dem Verfassen von Drehbüchern. Ihre kreative Herangehensweise zeichnet sich durch die Integration dokumentarischer Methoden in fiktionale Filme aus, während sie das Potenzial des Melodrams und "Stream of Consciousness"-Elemente erkundet. Diese Sichtweise wurde durch ihre Beschäftigung mit experimentellem Kino geprägt. Vivians künstlerische Aktivitäten erstrecken sich auch auf Videoinstallationen und Live-Performances, die in Ausstellungen in Europa und darüber hinaus präsentiert werden."

Biografie Fabian Rausch
Fabian Rausch wurde 1997 in Oberndorf bei Salzburg geboren. Er studierte Philosophie in Salzburg und war bei den Salzburger Nachrichten als Kameramann und Reporter tätig. Seit 2019 studiert er Drehbuch und Dramaturgie bei Götz Spielmann an der Filmakademie Wien.

Biografie Elena Wolff
Elena Wolff, geboren 1993 in Berlin (DE), aufgewachsen in Tirol, ist Schauspieler:in, Kabarettist:in und Filmemacher:in. Seit 2022 Studium Regie an der Filmakademie Wien. Elenas erster Spielfilm als Regisseur:in, PARA:DIES, feierte bei der Diagonale’22 Österreichpremiere.

Fabian Bausch, Vivian Rausch, Elena Wolff
v.l.n.r.: Hauptpreisträger:innen Fabian Bausch und Vivian Rausch, Förderpreisträgerin Elena Wolff

Christian Mayer, Franziska Pflaum, Fabian Bausch, Vivian Rausch, Elena Wolff, Sebastian Höglinger
v.l.n.r.: Christian Mayer (Kulturamt); Franziska Pflaum (Jury); Fabian Bausch und Vivian Rausch (Hauptpreisträger:in); Elena Wolff (Förderpreisträger:in); Sebastian Höglinger (Jury-Vorsitzender)