Geschichte der Stadt Graz



Band 2: Wirtschaft - Gesellschaft - Alltag

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befasst sich mit den wirtschaftlichen Entwicklungen, mit den Veränderungen in der Gesellschaft und die Lebensvollzüge in Alltag und Festtag.

Franz JÄGER, "Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters bis 1500" untersucht die ökonomischen Grundlagen der mittelalterlichen Stadt, die auf Handwerk, Gewerbe und Handel aufgebaut waren. Die Reglementierung durch das Zunftwesen sicherte den Bestand des Handwerks, behinderte aber andererseits die Konkurrenz fern einer freien Marktwirtschaft. Internationale Handelsverbindungen bestanden vor allem zu oberdeutschen Reichsstädten wie Nürnberg und Augsburg.

Bernhard A. REISMANN, "Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt Graz von 1500-1800" hatte sich mit einer Zeit erster Neuorientierung der bürgerlichen Wirtschaft zu befassen: Neben Handwerk und Gewerbe machten Hofhandelsleute und Kriegslieferanten in der Hauptstadt Innerösterreichs als "Frühkapitalisten" ihre Gewinne. Nach den Wirtschaftsdepression des Dreißigjährigen Krieges und der Türkenkriege entstand im Sinne des Merkantilismus mit Manufakturen und ersten Fabriken auch in Graz eine Protoindustrie, die die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts vorbereitete. Diese "Modernisierungen" wirkten sich auch auf das Sozialgefüge zumindest in Ansätzen aus.

Franz JÄGER, "Wirtschaftsgeschichte 1800-2000" umspannt den weiten Bogen von zwei Jahrhunderten mit bisher nicht in diesem Ausmaß gekannten wirtschaftlichen Veränderungen der einsetzenden und sich bald rasant entwickelnden Industrialisierung. Dieses komplizierte und vielschichtige Netzwerk von Ökonomie und Gesellschaft in ihren verzweigten oft schmerzlichen Auswirkungen auf Innovation, Aufschwung und Krisen zu schildern, ist nur in verkürzenden Längsschnitten und exemplarischen Querschnitten möglich. Die Darstellung mündet in den gegenwärtigen Wirtschaftsstandort Graz mit seinen High-Tech-Betrieben.

Elfriede Maria HUBER-REISMANN, "Krankheit, Gesundheitswesen und Armenfürsorge". Früher um vieles mehr als heute waren die Menschen Krankheiten, Seuchen und der Armut weitgehend hilflos ausgeliefert. Kirche und Bürgerschaft schufen für allerdings nur einige wenige behinderte oder arbeitsunfähige Personen seit dem Mittelalter in "Spitälern" einigermaßen Abhilfe. Seit dem 17. Jahrhundert waren es die Orden der Barmherzigen Brüder und der Elisabethinen, die in Graz Krankenhäuser führten, lange bevor dies von staatlicher Seite geschah. Aufgenommen sind auch Schilderungen der Grazer Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen.

Elke HAMMER-LUZA, "Alltagsleben in Graz" gibt mit ihrem Beitrag erstmals einen abgerundeten Überblick über das alltägliche Leben der Menschen in Graz, über Familie, Wohnverhältnisse, Feste und Ergötzlichkeiten und über manch andere Facetten des privaten Lebens. Diese "Geschichte von unten" ist ein erst seit einigen Jahrzehnten breiter wahrgenommenes Anliegen der Geschichtsforschung. Diese "Mikrogeschichte" befasst sich auch mit den Randschichten der Bevölkerung und behandelt nicht nur den Lebensalltag des gehobenen Bürgertums und des Stadtadels, sondern geht auch dem Leben von Bettlern und Dirnen nach.

Reinhard FARKAS, "Aus der Geschichte der Grazer Vereine", untersucht erstmals zusammenfassend in diesem Umfang den gesellschaftspolitisch immens wichtigen Bereich des vor allem seit der Mitte des 19. Jahrhunderts fast alle sozialen Schichten ergreifenden Vereinswesens mit seinen vielfältigen Ausformungen. In den Vereinen sammelten sich ebenso Sänger und Musiker wie Lebensreformer, Sportbegeisterte und ideologisch-politische Vorkämpfer. In diesem Überblick wird uns die große Breitenwirkung des im großen ganzen erst nach dem Revolutionsjahr ausblühenden Vereinswesen bewusst.

Peter WIESFLECKER, "Adel und Residenz". Angehörige des Adelsstandes unterschiedlicher Rangordnung lebten schon immer in Graz; ihre Präsenz verstärkte sich besonders, wenn Graz kaiserliche bzw. landesfürstliche Residenz war. Die wichtigsten landständischen und landesfürstlichen Posten waren von Adelsleuten besetzt, deren Häuser und Palais noch heute das Erscheinungsbild unserer Stadt prägen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Graz beliebter Alterssitz von Pensionisten der gehobenen Bevölkerungsschicht, die vorwiegend die neu entstandenen Villen und Häuser in den Nobelviertel Geidorf und St. Leonhard bewohnten.