Literaturstipendien
In der ersten Kulturbeiratssitzung am 4. März 2004 wurde über die Vergabe von Stipendien der Stadt Graz diskutiert und im besonderen ein Literaturstipendium angeregt.Noch im selben Jahr wurde diese Anregung aufgenommen und umgesetzt: Die Stadt Graz vergibt jährlich je nach Budgetlage bis zu zwei Literaturstipendien.
Der Grazer Gemeinderat schuf auch für 2023 die Voraussetzungen für die Vergabe von Literaturstipendien der Stadt Graz. 2023 werden zwei Literaturstipendien in Höhe von je EURO 5.000,-- ausgeschrieben.
Ziel ist die Förderung von Grazer literarischen Talenten bzw. jener Literat:innen, die dadurch die Möglichkeit erhalten sollen, sich intensiv der Fertigstellung eines literarischen Werkes zu widmen. Die Stipendiat:innen erklären sich bereit, innerhalb eines Jahres ihre literarische Arbeit im Rahmen einer Lesung der Öffentlichkeit zu präsentieren und dieses Stipendium in ihren Biografien stets anzuführen.
Einreichfrist: 31.3.2024
Einreichungen ausschließlich in digitaler Form an kulturamt@stadt.graz.at.
Jury
MMaga Silvana CimentiDrin Alexandra Millner
Mag. Paul Pechmann
Andrea Stift-Laube
Christoph Szalay, MA BA
Stipendiat:innen 2023:
Die Stipendiat:innen 2023 sind Frau Cordula Simon, Herr Max Höfler und Herr Günter Eichberger.
Jurybegründungen:
Cordula Simon ist eine wandelnde Enzyklopädie. Ihre Literatur war immer schon randvoll mit makabren Details und unnützem Wissen - das sich auf längere Plot-Sicht dann als doch nicht so unnütz herausstellt. Die handelnden Figuren trotzen einer sich stets verdunkelnden Welt mit Wissen, Witz und Widerständigkeit. Detaillierte Innen- und Außensichtbeschreibungen sind ebenso eine Stärke der Autorin wie das Entwerfen dystopischer und dennoch immer mit Menschlichkeit auswattierten Welten. Bereits in ihren bisherigen Romanen, zuletzt „Die Wölfe von Pripyat“, erschienen 2022 bei Residenz, taumeln ihre Figuren durch Wissenschaft, Krieg, Kultur und Revolution, immer geleitet durch ihre zutiefst menschlichen Emotionen, immer gedrängt durch moralische Aufforderungen an ein fragmentiertes Selbst. Die Utopie eines guten Lebens (das für alle Protagonisten naturgemäß etwas anderes bedeutet) als unerreichbarer Traum. Cordula Simon gelingt es, die allgegenwärtige Sprache von Hass und Polarisierung zu literarisieren und vorzuführen. Es gelingt ihr aber auch, ihre Figuren, und damit auch uns teilnehmende Lesende, nicht in Hoffnungslosigkeit versinken zu lassen. Dass sie sich von Projekt zu Projekt zunehmend von abgeklärter Drastik weg zur wohlwollenden Poesie hinbewegt, tut der Gewitztheit (und Lustigkeit) der Autorin keinen Abbruch. Die Jury freut sich, Cordula Simon für die Arbeit an ihrem aktuellen Roman mit einem Literaturstipendium der Stadt Graz zu unterstützen.
Der Grazer Autor, Musiker und Performer Max Höfler weiß in seiner kontinuierlichen künstlerischen Arbeit wissenschaftliche Theorie und literarische Praxis so zu verknüpfen, dass sie ästhetischen Genuss, geistiges Vergnügen und gesellschaftskritische Überlegungen gleichermaßen hervorruft. Die scheinbare Leichtigkeit der Sprachgebung tut der gedanklichen Tiefe seiner Texte keinen Abbruch, da die wissenschaftlich-philosophische Beschlagenheit des Autors große künstlerische Spielräume ermöglicht. Das Vergnügen am Text ist nicht nur auf Höflers Zugang mutig und lustvoll angewandter Kreativität zurückzuführen, sondern entspringt auch einer differenzierten Struktur und genauen sprachlichen Formgebung durch Rhythmisierung, Rhetorizität und Lautmalerei. Wie in früheren Werken auch, geht Höfler auch in dem eingereichten Projekt ALLES ÜBER ALLES oder warum von einem theoretisch basierten Konzept aus, das er konsequent über sein (Sprach-)Material legt – in diesem Fall sind es die Fragesammlung und die Regelstruktur des Gesellschaftsspiels Trivial Pursuit. Die metasprachliche Analyse betrifft hier das spielinterne Verweissystem, und das Ziel seiner Kritik, die am Ende seines literarischen Experiments steht, sind die aktuellen kapitalistischen Aufmerksamkeits- und Verwertungspraktiken. Sowohl das Konzept als auch die Probe des in sechs Wissensbereiche aufgeteilten Textes erwecken die besten Erwartungen an das neue Werk von Max Höfler, darüber war sich die Jury einig.
Der in Graz lebende Erzähler, Dramatiker, Essayist und promovierte Germanist Günter Eichberger (geb. 1959 in Oberzeiring) hat über die letzten vier Jahrzehnte ein exzeptionelles Werk von hohem ästhetischen Anspruch und inhaltlicher Brisanz vorgelegt.
Titel wie „Ich Fabelwesen“, „Alias“, „Hirn ohne Grenzen“ oder „Weltverlust“ apostrophieren jene Kardinalthemen von Moderne und Postmoderne, denen sich Eichberger auf ebenso obsessive wie virtuose Weise verschrieben hat: der Problematik literarischer Ich-Konstruktion. In seinen zahlreichen Prosabüchern und Theaterstücken spitzte Eichberger seine Schreibverfahren stets aufs Neue zu, um in immer anderen Facetten darzustellen, wie sich Vorstellungen von einem konsistenten Ich, von der Erkennbarkeit und Darstellbarkeit der Welt als von Sprache erzeugte Fiktionen offenbaren.
Die Themen KI und Virtual Reality besitzen seit langem – und das schon in Zeiten, als diese noch nicht omnipräsenter Stoff der Berichterstattung waren – Bedeutung als Wirklichkeitssubstrat von Günter Eichbergers Fabulierkunst. Auf höchst originelle, gleich unterhaltsame wie bestürzende Art gelingt es dem Autor, Absurditäten und Widersprüche heutiger Medien- und Produktionsumgebungen in skurrile Bilder oder in spukhaften Klamauk zu übersetzen, um seinen Leser:innen gleichsam körperhaft die Auswirkungen einer trans-humanen Welt vor Augen zu führen. Ein Gegengewicht zur herzhaft brachialen Komik seiner Plots und Erzählfäden stellt Günter Eichbergers Sprachsatire dar, die mit feinem Besteck den in wohlfeilen Phrasen verborgenen Bewusstseinsschwindel freizulegen vermag.
Das in seiner Bewerbung vorgestellte Schreibprojekt nimmt sich u.a. der Themenkomplexe des Verschwindens unserer sinnlichen körperhaften Präsenz oder jenes einer ubiquitären, tief in unsere privaten Beziehungen wirkenden Paranoia an. Den zunehmend deprimierender werdenden Realitätsbefunden und der im literarischen Feld heute grassierenden Sprachvergessenheit setzt Günter Eichberger seine unverkennbare, an Klassikern des Anarchismus und Künstler:innen der Neoavantgarden geschärfte Erzählkunst entgegen.
Bisherige Stipendiat:innen:
2022: Maga Daniela Kocmut, Martin Ohrt
2021: Marie Gamillscheg, Maga Bettina Landl, Maga Kateřina Černá, Mag. Mario Hladicz
2020: Irene Diwiak, MA, Franziska Füchsl, Mag. Stefan Schmitzer
2019: Mag. Ursula Wiegele, Reinhard Lechner
2018: Valerie Fritsch, Thomas Raab, Thomas Antonic
2016: Maga Evelyn Schalk, Herr Egon Christian Leitner
2015: Cordula Simon, Mag. Alexander Micheuz
2014: Helwig Brunner, Christoph Szalay
2013: Sophie Reyer, Helmut Schranz
2012: Olga Flor, Christian Winkler
2011: Maga Angelika Reitzer, Dr. Max Höfler
2010: Natascha Gangl, Lilly Jäckl
2009: Gabriel Loidolt, Mike Markart, Martin G. Wanko
2008: Georg Petz, Günter Eichberger
2007: Gabriele Kögel, Andrea Stift,
2006: Wilhelm Hengstler, Bernhard Tockner
2005: Sonja Harter, Maga Angelika Reitzer
2004: Maga Olga Flor, Gerhild Steinbuch
"Richtlinie Literaturstipendien"
KONTAKT:
Mag. Christian Mayer
Kulturamt der Stadt Graz
Stigergasse 2 (Mariahilfer Platz), 3. Stock, 8020 Graz
Tel.: +43/316/872-4940
e-mail: christian.mayer@stadt.graz.at
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ABTEILUNGSLEITER
Michael A. Grossmann
Kulturamt der Stadt Graz
Stigergasse 2 (Mariahilfer Platz), 2. Stock, 8020 Graz
Tel.: +43/316/872-4900
e-mail: michael.a.grossmann@stadt.graz.at
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