Kategorie » Theater/Tanz

Das Zimmer

von Gert Jonke
„Das Zimmer“ ist ein poetischer Text des Sprachfantasten Gert Jonke über die Sehnsüchte eines Zimmers angesichts der immer dreisteren Mietverhältnisse und der immer rücksichtsloseren Mieter. Als sich endlich doch noch ein feinerer Bewohner findet, in den sich das Zimmer auch sogleich verliebt, wird dieses Mietverhältnis durch eine sofortige Mieterhöhung bedroht. So beschließt das Zimmer seinen Gefühlen zu gehorchen und die Enge des Hauses zu ihrer beider Rettung zurückzulassen, worauf das Haus vor Wut zerbröckelt.

Im Wesentlichen ist es auch ein Text über die Zwänge des Alltags, über gelebte Demokratie und Toleranz gegenüber Andersartigkeit. In gekonnt humorvoller Manier überlässt Jonke hier die Revolution nicht dem untätigen Menschen, der sich als Opfer betrachtet und die wichtigsten Dinge zumeist verschläft. Das Zimmer, das ihn beherbergt ist es, das sich gegen die Willkürherrschaft des Hauses und seiner Verwaltung auflehnt und sich mitsamt dem liebgewordenen, schützenswerten Mieter davonmacht.

Auch ein Zimmer sehnt sich nach Achtsamkeit.
Es tritt damit den mutigen Gegenbeweis zur herkömmlichen Meinung an:
„Das Haus hatte bis zum letzten Moment an seine einzige die Zimmer betreffende Wahrheit geglaubt, dass nämlich jedes Zimmer von Anfang an für immer auf Hausmauern angewiesen ist, kein Zimmer ohne Mauern draußen am Himmel länger überleben könnte, ohne vom ersten Wind verblasen zu werden, in alle Himmelsrichtungen zu zerflattern. Und deshalb musste endlich ein Zimmer auch zum fälligen Antritt des Gegenbeweises einem Haus gewaltsam hinaus auf den freien Himmel entkommen, damit gezeigt wird, dass ein Zimmer auch am freien Himmel ohne Hausmauern überlebt und deshalb nie mehr je ein Zimmer gewaltsam von den Mauern eines Hauses gefangengehalten werden darf, gegen den Willen des Zimmers.“ (Jonke)

Gert Jonke verpackt in diesen verspielt verträumten Dialog zwischen einem Zimmer und seinem neuen Mieter, die Sehnsucht nach Überwindung der Erdenschwere und der Fremdbestimmtheit. Durch eine physikalische List befreit er das Zimmer aus der Erdgebundenheit und entlässt es samt Bewohner in den Äther als geistig wirkenden Sinnort. Unbekümmert, aller materiellen Sorgen enthoben und ohne Anfeindung darf der Bewohner sich, nun schwerelos durch den Himmelsozean gleitend, seiner wahren Bestimmung dem Schreiben und Lesen, widmen. Eine wunderbare Utopie.

Der Multiinstrumentalist Stefan Heckel (Professor an der KUG/ Kunstuniversität Graz) entlockt den Klängen eines Harmoniums, Baujahr 1930 und früheres Eigentum eines Wanderpredigers aus Amerika, eine teils luzide schwebende, teils geräuschvoll erdig Klangatmosphäre, bis hin zu dröhnendem Propellergeräusch, in dem das Himmelbett zum Flugschiff wird.
Das personifizierte Zimmer umspielt dieses Möbel in intimer Bezugnahme auf den Bewohner und tritt mit ihm in einen Meta – Dialog, der das Publikum behutsam in ihr Inneres entführt und gleichzeitig Grenzenlosigkeit erfahren lässt.
Termine
Premiere 26. Juni 2020, 19:30 Uhr
27. Juni 2020, 19:30 Uhr
6., 7., 10., 11. Juli 2020, 19:30 Uhr
Weitere Informationen
Karten: Wir bitten um verbindliche Reservierung unter info@theaterkaendace.at, mobil: 0681 102 67 208
(c) Foto: Nicolas Pleasure Galani
Veranstaltungsort/Treffpunkt