Kategorie » Theater/Tanz

Nicht einmal das Schweigen

von Aslı Erdoğan
Am 7. November dieses Jahres wird erstmals eine poetische Arbeit der international renommierten türkischen Schriftstellerin Aslı Erdoğan auf einer Bühne erscheinen: in Graz, wo sich die Autorin in den Jahren 2012 bis 2013 als Writer in Exile aufhielt.
Es handelt sich dabei um keinen Dramentext, den Aslı Erdoğan extra für das Theater verfasst hat, sondern um die theatrale Adaptierung des Romans Das Haus aus Stein, der zu den bedeutendsten Werken der Schriftstellerin zählt. Aslı Erdoğans großes prosaisches Gedicht erhält nunmehr einen »theatralen Körper« – gemäß auch ihres Anspruchs: »Der Mensch muss mit dem Körper schreiben, dem nackten, schutzlosen Körper unter der Haut.« Als komprimierte Fassung des Romans folgt der Bühnentext stets der Poesie der Autorin.

Der Roman spielt an keinem eindeutig identifizierbaren Ort, doch gemäß kommentierenden Angaben der Autorin hat das »Haus aus Stein« ein berüchtigtes Gefängnis in Istanbul zur Vorlage. Gemäß der Romanvorlage kreist das Drama um zwei Hauptpersonen: den verrückten Mann A, der schon als Kind Bekanntschaft mit dem »Haus aus Stein« gemacht hat, und eine namenlose Frau: in viele Ichs gespalten, will sie die Geschichte von A erzählen und zu ihrer eigenen machen. Eine Beziehung, die vor allem in dieser Projektion besteht, begleitet von der schmerzvollen Erfahrung, dass sich die Worte zunehmend auflösen. Eine Geschichte, die im enigmatischen Zwischenbereich zwischen Leben und Tod angesiedelt ist: »Als sei der Tod ein allzu dramatisches Ende, ein literarischer Kunstgriff, allein für mich reserviert.«, wie die Frau kommentiert. Aslı Erdoğan kreiert eine metaphernreiche Welt voller Gegensätze: den verrückten Mann und einen Engel, gefolterte Kinder und heilige Chöre, Schreien und Lachen, Stein und Wind.

Aslı Erdoğans Poesie – von den Gesprächen mit den Toten und dem Wind bis hin zu den »Gesängen« der toten Kinder des Hauses aus Stein – ist eine »verstummte Partitur«. Jenseits jeder illustrativen Attitude wird »Musik« – von komplexen Geräuschscollagen, von der Polyphonie geflüsterter und schreiender Stimmen bis hin zum Einsatz von Musikinstrumenten – eine wesentliche Rolle für die wirkungsvolle Transponierung von Aslı Erdoğans Poem auf die Bühne spielen.
Termine
Premiere 7. November 2019, 20:00 Uhr
8., 9., 14., 15., 16. November 2019, 20:00 Uhr
Weitere Informationen
9.11. um 17:00 Uhr: Podiumsdiskussion mit Aslı Erdoğan, Kurt Flecker, Veronica Kaup-Hasler und Christina Loidl über Demokratie und die Verantwortung von Kunst und Kultur. Moderation: Kübra Atasoy.
Veranstaltungsort/Treffpunkt