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Grazer Vorlesung zur Kunst des Schreibens: Biographie

Mit: Daniela Strigl.

Die Leitfrage der neuen Reihe lautet: Was eigentlich tue ich, wenn ich schreibe? Prominente Vertreterinnen und Vertreter einer aktuellen Kunst des Schreibens (aus Wissenschaft, Journalismus oder Literatur) werden einmal pro Jahr eingeladen, sich in drei öffentlichen Vorträgen mit dem Umfeld und der Praxis ihres Schreibens auseinanderzusetzen. Den Beginn macht die bekannte österreichische Literaturkritikerin Daniela Strigl, die jüngst eine vielbeachtete Biographie zu Marie von Ebner-Eschenbach vorgelegt hat. Die Vorträge werden im nachfolgenden Frühjahr im Grazer Droschl-Verlag publiziert.

„Ihr Österreichertum ermöglicht es Daniela Strigl, sich in der deutschen Literaturszene zu bewegen, ohne sich auf innerdeutsche Hahnen- und Hennenkämpfe einlassen zu müssen, auf all das Gegockel, Gekrähe und Gescharre.“ (Sigrid Löffler)

In Kooperation mit dem Institut für Germanistik der Uni Graz.

Daniela Strigl:

Teil 1. Biographie
„Abgeschrieben kann das Leben nie werden, dazu ist es zu reich.“ Ebner-Eschenbach

In meinen Vorlesungen zur Kunst des Schreibens stelle ich mir und Ihnen die Frage, ob das überhaupt geht: aus der eigenen Praxis eine Poetik zu destillieren. Kunst ist ein großes Wort, und jeder, der schreibt, weiß, daß schreiben zunächst und buchstäblich eine Sache des Handwerks ist, und wenn man hauptberuflich schreibt, ist die Grenze zur Industrie fließend. Weil aber das griechische „poiein“ „machen“ heißt, ergibt sich doch ganz von selbst eine Verbindung zwischen dem Handwerk und der Kunst, der Poetik und der Poesie, ohne deren Salzkörnlein das viele Brot nicht genießbar wäre. H. C. Artmann hat seine höchst poetischen Handwerker-Vignetten „Fleiß und Industrie“ genannt, was ja dasselbe ist. So spreche ich über die Wühlarbeit, aber auch über die Kühnheit, derer es bedarf, um die Geschichte eines fremden Lebens zu erzählen: Nicht ohne Grund gilt die Biographie in der Literaturwissenschaft von heute als prekäres, wenn nicht gar anrüchiges Genre. Aber das Erzählen ist dem Menschen mit allen Ruten der Dekonstruktion nicht auszutreiben und hat seine Berechtigung, sofern es den Anspruch auf die Wahrheit nicht erhebt. Nicht minder kritisch ist der Zustand der Literaturkritik heute, doch die Krise dauert nun schon so lange, daß ich sie mittlerweile routiniert übersehe, um dieses Geschäft unverdrossen weiter zu betreiben. Der Essay dagegen ist die Gattung der Freiheit, die nicht zuletzt dem Ärger ein Ventil öffnet. Ein weites Feld, und auch da gilt: Alles muß man selber machen.
Termine
8. Mai 2017, 19:00 Uhr
Veranstaltungsort/Treffpunkt