Kategorie » Theater/Tanz

Der thermale Widerstand

Österreichische Erstaufführung
Von Ferdinand Schmalz
Es brodelt und blubbert verdächtig im Thermalbad. Denn während die Kurgäste träge am Beckenrand dümpeln und vor lauter Heilwasser die Sehnsucht nach Butterkipferln und Schokoherzen ins Unermessliche wächst, plant Bademeister Hannes den Widerstand. Schließlich soll, so der Plan der Kurverwalterin Roswitha, die Heilanstalt schon bald zu einer gigantischen Wellnessoase für potente Kundschaft umgebaut werden. Solcherlei Luxusbadefreuden für die Kurelite aber sind Hannes zuwider: „Die Bäder denen, die baden gehen“, lautet seine proletarisch-physiotherapeutische Losung, die ihm erst die Kündigung einbringt und ihn dann im wahrsten Sinn des Wortes zum „Untertauchen“ zwingt. Doch denkt Hannes nicht daran, seine Revolte gegen Optimierungswahn und Zweiklassenbäder aufzugeben: Er verbarrikadiert alle Ausgänge des Gebäudes und zieht sich zum (allerdings unbewaffneten) Bäderkampf in die Katakomben seiner ehemaligen Arbeitsstätte zurück. Um den thermalen Widerstand im Untergrund zu brechen, greifen Roswitha und ihr Gespiele Walter schließlich zu radikalen Mitteln …

Mit „Der thermale Widerstand“ setzt der preisgekrönte junge Grazer Dramatiker Ferdinand Schmalz den Schlusspunkt seiner „Revolutionstrilogie“. Wie zuvor schon in „am beispiel der butter“ und in „dosenfleisch“ spürt Schmalz auch hier wieder in abgründig-skurrilen Alltagsszenarien die letzten Reste menschlicher Widerständigkeit gegen die kapitalistisch-globalisierte und kaum mehr kritisch hinterfragte Ordnung auf, um sie mit viel sprachlichem Witz genussvoll zu sezieren und ad absurdum zu führen. Seitenhiebe auf kommunalpolitischen Größenwahn, etwa bei Prestige-Bauprojekten mit hohem Risikofaktor, stehen bei Schmalz’ Ausflug an den Beckenrand genauso auf der Badeordnung wie die hellsichtige, aber mit viel Sympathie gestellte Diagnose menschlicher Trägheit. Umgestaltung braucht Mut, Kraft und freies Denken; in der Komfortzone des Ku(ltu)rbetriebes kommt beides aber im Takt der Anwendungen häufig unter die Räder. Solange der Status quo noch gehalten und die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden kann, bleibt alles schön beim Alten. Auf Rezept verordnete Faulheit jedenfalls ist nicht vorgesehen in der Leistungsgesellschaft. Das mitteleuropäische Kurbad als Ort der Verweigerung und der Langeweile, die nach Walter Benjamin die Schwelle zu großen Taten ist, gehört, wie das Theater, jedenfalls nach Ferdinand Schmalz, zu den bedrohten Kulturgütern unserer Gesellschaft.

Regie András Dömötör Bühne und Kostüme Monika Annabel Zimmer Dramaturgie Elisabeth Geyer Musik Tamás Matkó.

mit Fredrik Jan Hofmann, Florian Köhler, Nico Link, Raphael Muff, Anna Szandtner, Silvana Veit
Termine
Premiere 21. April 2017, 20:00 Uhr
24. April 2017, 20:00 Uhr
2., 8., 18. Mai 2017, 20:00 Uhr
10., 20., 23. Juni 2017, 20:00 Uhr
Wiederaufnahme 12. Oktober 2017, 20:00 Uhr
27. Oktober 2017, 20:00 Uhr
4., 20. November 2017, 20:00 Uhr
8., 30. Dezember 2017, 20:00 Uhr
22. Jänner 2018, 20:00 Uhr
16. Februar 2018, 20:00 Uhr
26. März 2018, 20:00 Uhr
28. April 2018, 19:00 Uhr
Abgesagt! 11. Juni 2018, 20:00 Uhr * Vorstellungsänderung!
30. Juni 2018, 20:00 Uhr
Weitere Informationen
(c) Foto: Lupi Spuma



Am Montag, 11. Juni 2018, wird aus dispositionellen Gründen statt „der thermale widerstand“ die Produktion „Die Verwandlung“ mit Matthias Ohner gezeigt (20:00 Uhr).
Veranstaltungsort/Treffpunkt