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Tag 3: Heimat und Horror bei Elfriede Jelinek

steirischer herbst 2017
„Geschichte/Erinnerung/Körper“

14.30 Uhr Vortrag
Helmut Konrad: Erinnern in der Region

15.00 Uhr Vortrag
Heidemarie Uhl: Waldheim 1986 – die Stunde der „Generation Gedächtnis“

15.30 Uhr Vortrag
Stefan Benedik: Vergeschlechtlichte Körper und Verhandlung von Erinnerung

Moderation: Helmut Konrad

Erinnern meint hier das Aufgreifen von lange Verdrängtem, das Einbetten der meist verklärten regionalen „Heimat“-Erzählungen in die bruch-und schmerzhafte Geschichte unseres Landes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die persönlichen Erinnerungen an die Erzählungen im Dorf der fünfziger Jahre. Das augenzwinkernde Verständigen der damals älteren Generation auf Tabus und auf Codes sollen beispielhaft deutlich machen, in welchem Ausmaß die sogenannte „Opferthese“ einerseits den Generationendialog behindert und anderseits das Wegschieben von Verantwortung möglich gemacht hat. (Helmut Konrad)

„Übersetzung/ Ausland“

17.00 Uhr Vortrag
Fatima Naqvi: Zombie Apokalypse im Überwachungsstaat: „Die Kinder der Toten“ in den USA

Im englischsprachigen Ausland ist es mit der Bekanntheit Jelineks aus—trotz ihrer Affinität zu angloamerikanischen Autoren und Regisseuren sowie ihrer eigenen Übersetzungsarbeit. An der sprachlichen Komplexität ihrer Texte alleine kann es nicht liegen; wieso also wird sie nicht rezipiert? Die Problematik der Zombies begleitet ja insbesondere die US-amerikanische Kultur seit dem Vietnam Krieg; die Angst vor den Wiedergängern wird in der Pop- wie in der Hochkultur behandelt. Was ist es an Jelineks Horror, das sich der Übersetzbarkeit verweigert? Wieso ist gerade ihre Übersetzung von Herk Harvey’s Kultfilm Carnival of Souls (1962) auf solchen Widerstand gestoßen? (Fatima Naqvi)

17.30 Uhr Vortrag
Hermann Schlösser: Ausgedeutet und Ausgepfiffen. Die kontroverse Rezeption von „Die Kinder der Toten“

Wie es bei einem so komplexen Werk kaum anders zu erwarten ist, hat der Roman Die Kinder der Toten in den internationalen Medien und der Wissenschaft kontroverse Reaktionen ausgelöst. Einerseits gibt es eine Reihe eindringlich-scharfsinniger Interpretationen und Kritiken, andererseits lassen sich Zeugnisse des Nicht-Verstehens, oder richtiger: des Nicht-Verstehen-Wollens finden. Welche Rolle spielt dabei „das Österreichische“ bei der stark divergierenden Bewertung? (Hermann Schlösser)

18.00 Uhr Gespräch
Moderation: Claus Philipp

„Nach Jelinek“

19.00 Uhr Lesung
Sacha Batthyany: Und was hat das mit mir zu tun? Ein Verbrechen im März 1945. Die Geschichte meiner Familie

Wenige Wochen vor Kriegsende gab Sacha Batthyanys Tante, Gräfin Margit Thyssen-Batthyany, im österreichischen Rechnitz ein rauschendes Fest. Gegen Mitternacht verließen die Gäste das Schloss und erschossen 180 Juden, die in dieser Nacht auf den Weitertransport warteten. Was genau in dieser Nacht geschah, ist bis heute unklar. Der Autor begann, nach Spuren zu suchen. Seine Reise führte ihn ins alte Ungarn, ins Österreich der Nachkriegszeit, in die Schweiz der Gegenwart, in die Lager des Gulags nach Sibirien, in das Wohnzimmer einer Auschwitz-Überlebenden nach Südamerika – bis auf die Couch eines Pfeife rauchenden Psychoanalytikers. Dabei stieß er auf ein Geheimnis, das seinen Blick auf seine Familie und sich selbst veränderte. (Kiwi)

19.30 Uhr Präsentation
Oswald Egger: Potnia Theron. – Diatribe über Ursprung, Erscheinungsformen und Wandlungen einer Gestalt der Göttheit als Herrscherin der Tiere, Fabelwesen und untoten Zwittergestalten.

Potnia Theron. Diatribe über Ursprung, Erscheinungsformen und Wandlungen einer Gestalt der Gottheit als vergottete Herrscherin der Tiere, als Fabelwesen untoter Zwittergestalten; in auch bauchgesichtig ausgezeichneter, vermaledeiter Ungestalt. Finte, Maske, Mogel und Verwandlung; ein Spiel ums Spiel der Verunstellungen, unvordenklicher Schematismen und Täuschungskniffe der Metamorphose selbst in Form von Worten und Formen ohne Worte, aufs Brut-Substrat gepfropft, als Schlagwald der Wandlungen, und und und: Wenn Wort für Wort keine Götter sind, kein Segen, aber aufmaulende, wichtigsprecherische doch, kann Gott auch kein Wort für Wort sein, davon. (Oswald Egger)

20.00 Uhr Gespräch
Mit Sacha Batthyany, Oswald Egger, Olga Flor, Alfred Kolleritsch, Claus Philipp, Sophie Reyer
Moderation: Daniela Strigl

21.30 Uhr Jelinek-Werkstatt (in der Literaturhaus-Lounge, mit Buffet)
Mit Studierenden der Germanistik der Universität Graz und Studierenden der Muthesius Kunsthochschule Kiel

Das an der Muthesius Kunsthochschule Kiel gegründete Institut der Kinder der Toten (IdKdT) wird in Kooperation mit der Lobby der Kinder der Toten (LdKdT) Bureaux und Veranstaltungkalender zwischen 25/09 und 21/10 in das Literaturhaus Graz verlegen. Die Bandbreite der Aktivitäten umfasst Gesprächs- und Lektürerunden, künstlerische Handlungen und Feldforschungseinsätze. Ankündigungen und Einladungen werden kurzerhand ausgeschrieben.
Studierende aus Graz richten daneben ihre Jelinek-Werkstatt ein. Interaktionen mit dem Publikum sind ausdrücklich erwünscht.
Termine
21. Oktober 2017, 14:30 Uhr
Weitere Informationen
Eine Koproduktion von Literaturhaus Graz und steirischer herbst 17.
Eintritt: Tagespass 10 Euro, ermässigt 5 Euro.
Veranstaltungsort/Treffpunkt