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Der Kirschenrummel

Oper in der Stadt
Ein performativer Musiktheater-Spaziergang

mit Musik von Jacques Offenbach, Edmund Eysler, Hanns Eisler u. a.

In Kooperation mit der Kunstuniversität Graz (KUG) und dem Kunsthaus Graz

Die Musiktheater-Performance, die am Kaiser-Josef-Platz beginnt und im Kunsthaus am Südtiroler Platz endet, erinnert an ein historisches Ereignis und bedient sich dabei der Form eines „musikalischen Reenactments“, um auf spielerische Weise Verbindungen zwischen dem Gestern und Heute zu ziehen.
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Es ist der 7. Juni 1920, ein Montag, 8 Uhr früh. Einige Frauen machen ihre Einkäufe. Am Kirschenstand entbrennt eine heftige Debatte über die neuerlichen Preissteigerungen. Die Inflation steigt schon seit Monaten ins Unermessliche. Nun ist es genug! Marktstände werden umgeworfen, ein Protestzug formiert sich, der über den Jakominiplatz, die Herrengasse und den Hauptplatz Richtung Annenstraße zieht. Weitere Menschen schließen sich an, unter ihnen auch Personen, denen es um andere Dinge als um die Kirschenpreise oder die allgemeine Teuerung geht. Ein vielstimmiger Unmut macht sich lautstark Luft, Gewalttaten bleiben nicht aus. Die Revolte endet schließlich am Südtiroler Platz, wo sie von den Ordnungskräften blutig niedergeschlagen wird. 16 Personen verlieren ihr Leben, zahllose weitere
werden verletzt.
Als „Kirschenrummel“ in die Annalen der Stadt eingegangen, verharmlost der Name die Hungerrevolte, die auf den Nachwehen des Ersten Weltkriegs basiert.



Der junge Regisseur Florian Kutej verbindet dieses Stück Grazer Stadtgeschichte mit der Kunstform des Musiktheaters und spürt auf einem performativen Spaziergang dem historischen Ereignis nach. Mit einem kleinen, mobilen Instrumentalensemble und Studierenden der Kunstuniversität Graz beginnt er heiter-vergnüglich mit Offenbachs „Marktoperette“ Mesdames de la Halle, lässt auf dem Zug durch die Stadt mit Liedern von Hanns Eisler und Edmund Eysler Musik der damaligen Zeit erklingen und endet schließlich vor der im Kunsthaus „reaktivierten“ Wall des amerikanischen Konzeptkünstlers Sol LeWitt.

Die Parallelen, die sich dabei zur Gegenwart ziehen lassen, werfen bedeutsame Fragen auf: Wie konnte die Forderung nach Preisgerechtigkeit so eskalieren, dass am Ende Menschen ihr Leben lassen mussten? Wie konnten die ursprünglichen Forderungen im Verlauf des Zugs durch ausländerfeindliche und antisemitische Parolen überlagert werden? Sind wir heute vor ähnlichen Entwicklungen gefeit? Wie lässt sich eine friedliche Kundgebung gegen die Einflussnahme subversiver Kräfte schützen?

Übrigens: Die Frauen, die sich über die Kirschenpreise beschwert hatten, verfolgten ihr Ziel der Preissenkung weiter. Fünf Tage nach dem „Kirschenrummel“ wurden durch eine Kommission zur Preisregelung verbindliche Marktpreise festgelegt.
Termine
25. Mai 2024, 18:30 Uhr
29. Mai 2024, 18:30 Uhr
5. Juni 2024, 18:30 Uhr
Weitere Informationen
Die Teilnahme ist gratis!
Veranstaltungsort/Treffpunkt