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Doris Mühringer: Es verirrt sich die Zeit

Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945
Lesung und Kommentar: Andrea Grill.
Vortrag: Gerhard Fuchs.
Anschließend Gespräch mit Klaus Kastberger.

„Was soll ich mit den Moden?“
Doris Mühringer: Es verirrt sich die Zeit (2005)

Doris Mühringer, 1920 in Graz in gutbürgerlichen Verhältnissen geboren, übersiedelte 1931 nach Wien, studierte ab 1940 an der dortigen Universität und hielt sich nach 1945 als Bürokraft und Übersetzerin in Salzburg über Wasser, bevor sie 1954 von Hans Weigel nach Wien zurückgeholt wurde. In Mühringers frühen Gedichten lassen sich Einflüsse von Hölderlin, Rilke und Trakl erkennen, zentral gestellt wird neben der zur condition humaine stilisierten existentialistische „Unbehaustheit“ eine mit biblischen Anspielungen unterfütterte Klage über den Verlust von Mitmenschlichkeit und Brüderlichkeit. Die Tendenz zu Geschichts- und Zeitferne, zum „Allgemein-Menschlichen“ ist in den späteren Gedichtbänden aufgeweicht zugunsten einer nüchternen, bisweilen ironisch-skeptizistischen Grundhaltung, wovon die Werkausgabe (Es verirrt sich die Zeit, 2005) Zeugnis ablegt.

Mühringer gehörte zu einer Autorengeneration, die angesichts der neuen, experimentellen, sprachskeptisch-„avantgardischen“ Autorenriege im Gefolge von „Wiener Gruppe“ und „Forum Stadtpark“ massiv an öffentlicher Beachtung verlor, wozu allerdings auch die selbstgewählte Isolation der Autorin und der prinzipiell schwere Stand von Lyrik das Ihrige beitrugen. Als „Geheimtip“ und Beraterin für NachwuchsautorInnen führte Mühringer eine weitgehende Nischenexistenz außerhalb des Kanons der „großen Namen“, eine Existenzform, die allerdings ihrem Selbstanspruch durchaus gerecht zu werden vermochte. (Gerhard Fuchs)
Termine
9. Oktober 2019, 19:00 Uhr
Weitere Informationen
In Kooperation mit Alte Schmiede Wien und StifterHaus Linz
Veranstaltungsort/Treffpunkt